Eben-Ezer stellt Jahresbericht vor

Heute wurde der Jahresbericht 2012 in der Kunstwerkstatt im Haus der Vielfalt der Presse vorgestellt. Das letzte Jahr stand natürlich voll und ganz im Zeichen des 150-jährigen Jubiläums und war geprägt durch zahlreiche Veranstaltungen, Aktionen, Konzerte und natürlich das große Innenstadtfest in Lemgo am 9. September, das weit über die Grenzen von Lippe von sich reden machte. Im Jahresbericht ist alles ausführlich und reich bebildert dokumentiert.

Das Jubiläumsjahr hat deutlich gemacht: Eben-Ezer ist mit der Region, der Stadt, den Geschäftsleuten, Schulen und Vereinen eng verbunden. Denn ohne die Unterstützung von so vielen Seiten hätte insbesondere die Organisation eines solchen Innenstadtfestes, das es so in Lemgo noch nicht gegeben hat, nicht funktioniert. Nicht nur nach außen wurden Beziehungen geknüpft und gefestigt auch innerhalb der Stiftung ist im Jahr 2012 einiges in Bewegung gekommen. Kollegen, die vorher nichts oder wenig miteinander zu tun hatten, trafen sich regelmäßig in Arbeitsgruppen, tauschten Ideen aus und stellten gemeinsam etwas auf die Beine. So etwas schweißt zusammen, und so kann festgestellt werden, dass das Jubiläumsjahr viele bereichsübergreifende Kontakte gestiftet hat. Kontakte, die weiterhin bestehen und gepflegt werden.

Die pralle Fülle des Jubiläumsprogramms bietet allein schon Stoff genug für ein ganzes Jahr. Das Alltagsgeschäft musste aber wie in anderen Jahren auch erledigt werden.

Besonders herauszustellen sind einige Entwicklungen…

Da einige Bauvorhaben im stationären Bereich, wie zum Beispiel der Ersatzbau für das Haus Hohensonne, noch nicht bewilligt worden sind, ist es hier gewissermaßen zu einem Investitionsstau gekommen, der das im Vergleich zu den Vorjahren deutlich geringer ausgefallene Investitionsvolumen erklärt. Allerdings wurden in den Vorjahren auch sehr große Investitionen getätigt.

Der Ausbau des ambulant betreuten Wohnens geht weiter voran: Mit der Fertigstellung einer Apartmentwohnanlage am Spiegelberg, in der 12 Klienten ein neues Zuhause gefunden haben, konnte hier neuer Wohnraum geschaffen werden, der zum planmäßigen weiteren Abbau des stationären Bereichs beiträgt. Die Finanzierung erfolgte mit Hilfe der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft (WLV), diese ist auch Bauträger des Objektes. Wie bei der Apartmentanlage in Entrup, Kleine Knopheide, die ebenfalls die WLV gebaut hat, werden die Wohnungen an die Klienten der Stiftung Eben-Ezer vermietet. Ein weiteres gemeinsames Projekt in Bad Salzuflen ist in Planung.

Im Jahr 2012 kamen drei neue Kindertageseinrichtungen zur Trägerschaft der Stiftung Eben-Ezer hinzu. Der Bereich Kindertageseinrichtungen wuchs damit auf 16 Einheiten an (alle integrativ, für Kinder mit und ohne Behinderung) und bildet mit den 860 Kindern, die von 200 Mitarbeitenden betreut werden, eine starke Säule im Stiftungsgefüge. Ein großer Impuls in Richtung Inklusion geht damit ebenfalls einher. Besonders in der Arbeit der Familienzentren in den Kindertageseinrichtungen wird das Inklusionskonzept der Stiftung sehr deutlich, das mit Inklusion ausdrücklich nicht nur die gemeinsame Förderung behinderter und nicht behinderter Kinder meint, sondern auch die Inklusion verschiedener soziokultureller Hintergründe. Ein Fachdienst, interdisziplinäre Entwicklungsgespräche und das mit seinen Diensten und Möglichkeiten für alle Kitas nutzbare Therapeutische Zentrum runden ein komplexes, niederschwelliges Angebot für Kinder mit individuellen Förderbedarfen und deren Familien ab. Gern würde Eben-Ezer dieses Konzept auch für den schulischen Bereich entwickeln und planen. Der innerstädtische Standort Ostschule wäre ideal, um eine Grundschule mit inklusivem Unterrichtsangebot aufzubauen. "Die Schule soll offen sein für alle Kinder", so Pastor Adam. "Die Kinder werden sehr von dieser neuen Schule profitieren. Sie erhalten dort viel Aufmerksamkeit, die Klassen sind höchstens 20 Kinder stark und die Lehrer sind besonders ausgebildet."

Insgesamt gesehen werden die finanziellen Spielräume in der Arbeit mit behinderten Menschen enger, was auch an der sich immer weiter öffnenden Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben liegt, darauf wies der Kaufmännische Vorstand Udo Zippel hin. Steigenden Löhnen stehen eher stagnierende Vergütungssätze der Eingliederungshilfe, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe den Einrichtungen der Freien Wohlfahrtpflege zubilligt, gegenüber. Auch lässt die Finanzierung des ambulant betreuten Wohnens, das ja kontinuierlich ausgebaut wird, deutlich weniger finanzielle Spielräume zu. Die Stiftung steht somit im Spannungsfeld zwischen Kostendruck einerseits und sozialem Selbstverständnis einer diakonischen Einrichtung andererseits, für die Tariftreue und gerechte Entlohnung der Mitarbeiter ein hohes Gut darstellen. "Mittel- bis langfristig haben wir große Aufgaben zu schultern", stellte Udo Zippel fest. Dem Theologischen Direktor Pastor Hermann Adam ist die Einordnung daher sehr wichtig, dass rund 80 Prozent des Personals der Stiftung im stationären oder ambulanten Betreuungsdienst eingesetzt werden. Der Löwenanteil der entstehenden Ausgaben kommt also direkt den Bewohnern zu Gute. Auch Spenden spielen eine wichtige Rolle bei der Finanzierung größerer und kleinerer bewohnernaher Projekte. Die Kunstwerkstatt, in der die Pressekonferenz statt fand, wird von Spendengeldern zweckgebunden unterstützt. "Das Spendenaufkommen im Jubiläumsjahr war höher als sonst. Das kann an der erhöhten Aufmerksamkeit liegen, die uns zu teil wurde", vermutete die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit Christine Förster.

Wirtschaftlichen Druck spürt ebenfalls die Werkstatt für behinderte Menschen. Hier ist der Anteil der schwerst- und mehrfachbehinderten Menschen auf über 30 Prozent angestiegen. Udo Zippel wies darauf hin, dass die Mitarbeiter mehr Zeit für intensive Betreuungs- und Pflegeleistungen aufbringen müssten. Die Werkstatt sei aber auch gehalten, regelmäßig mit hochwertigen und neuen Produkten an den Markt zu treten, was mehr Vorbereitungs- und Einarbeitungszeiten voraussetze – ein weiteres Dilemma, das zu lösen sein wird.

Sehr positiv ist die Entwicklung der Mitarbeiterstruktur zu bewerten: Dafür, dass der Stiftung in allen Bereichen weiterhin qualifiziertes Personal zur Verfügung stehen wird, sorgen die Angebote des Berufskollegs, die neuerdings auch den Bildungsgang "Berufliches Gymnasium" mit dem Schwerpunkt "Erzieher" umfassen. "Im zweiten Schuljahr des zum Schuljahr 2011/2012 gestarteten Angebotes läuft dieser Bildungsgang inzwischen zweizügig", so Pastor Adam.

Herausforderungen in der Zukunft

Menschen mit schwersten Behinderungen eine Möglichkeit zu bieten, in den ambulant betreuten Wohnbereich zu wechseln, wird eine Herausforderung der Zukunft sein. "Das gilt sicherlich nur für einen kleinen Personenkreis, aber wir sehen es als unsere Aufgabe an, dieses Angebot zu schaffen", so Udo Zippel.

Ein weiterer, drängender Bedarf besteht an betreuten Plätzen für psychisch langfristig erkrankte Menschen, die aus der Finanzierung der Krankenkassen heraus gefallen sind und für die nun die Eingliederungshilfe greift. "Wir haben die Bedarfsankerkennung für 24 Plätze und suchen nach einem Platz für einen Neubau. Das Ganze soll so schnell wie möglich umgesetzt werden, denn der Bedarf in Lippe ist groß", machte Udo Zippel deutlich.

Wechsel im Vorstand

Ganz entspannt sehen Pastor Hermann Adam und Udo Zippel auf die kommenden Tage und Wochen. Am 2. Mai ist der erste Arbeitstag von Pastor Dr. Bartolt Haase, der Nachfolger von Pastor Adam wird. Am 5. Juli wird er nach einer zweimonatigen Einarbeitungszeit den Stab übernehmen. "Zwischen uns dreien besteht schon jetzt eine enge Abstimmung, alles Weitere wird sich entwickeln", sagt Udo Zippel und stimmt Pastor Adam voll darin zu, dass man den Wechsel unaufgeregt nehme.

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