Jahresempfang 2019 mit dem Bundesbeauftragten

Besuch von Jürgen Dusel und Jahresempfang 2019

Am 17. Mai 2019 fand der Jahresempfang der Stiftung Eben-Ezer im Kirchlichen Zentrum Neu Eben-Ezer, Alter Rintelner Weg in 32657 Lemgo statt. Rund 200 regionale und überregionale Akteur*innen aus dem Bereich Kirche, Diakonie, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik hatten sich angemeldet. Gastredner war Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Jürgen Dusel hat das Amt des Bundesbehindertenbeauftragten seit einem Jahr inne.  Bei der Feier zum 10-jährigen Jubiläum der UN-Behindertenrechtskonvention in Berlin vereinbarten Stiftungsvorstand Pastor Dr. Bartolt Haase und Jürgen Dusel einen Termin in Eben-Ezer: „Wir freuen uns sehr, dass Herr Dusel unsere Einladung annimmt und nicht nur Gast bei unserem Jahresempfang ist, sondern sich im Vorfeld auch die Zeit nimmt, mit Klient*innen und Mitarbeiter*innen ins Gespräch zu kommen“, betont Pastor Dr. Haase. Jürgen Dusel, der von Geburt an stark sehbehindert ist, traf sich bereits um 15 Uhr mit Klient*innen aus den Gremien Bewohnerbeirat, Werkstattrat und Frauenbeauftragte sowie leitenden Mitarbeiter*innen der Stiftung zu einem informellen Gespräch. Dabei ging es zum einen um die Auswirkungen der geplanten Erhöhung des Ausbildungsgeldes im Berufsbildungsbereich von Werkstätten mit Behinderungen. Konkret bedeutet das eine Verschiebung bei den Leistungsentgelten für Menschen mit Behinderungen, die zu Lasten der sogenannt leistungsstarken Beschäftigten mit Behinderungen geht. Ein Thema, das Werkstattrat und den Leiter von eeWerk Markus Toepffer stark beschäftigt. Zum anderen ist die medizinische Versorgung behinderter Menschen im ländlichen Raum ein großes Thema für die Stiftung. Für die Klient*innen sprachen Ingeburg Jahnke, Rolf Schmidt, Kornelia Hänsel und Marcel Dierk. Gemeinsam mit Madlen Engelhardt, Leitung der Region Lippe West und Sprecherin der Regionalleitungen des Geschäftsbereichs Wohnen, vermittelten sie Jürgen Dusel u.a. ihre Erfahrungen bei der hausärztlichen Versorgung durch niedergelassene Hausärzte. Mit in der Gesprächsrunde war auch Thorsten Löll, neuer leitender Arzt der Stiftung.

Jürgen Dusel, der seine Amtszeit unter das Motto „Demokratie braucht Inklusion“ gestellt hat, ging in seinem Vortrag beim Jahresempfang um 17 Uhr im Kirchlichen Zentrum und im Gespräch die unterschiedlichen Voraussetzungen für Inklusion im ländlichen Raum im Vergleich zu Ballungsgebieten ein. Er sagte: „Der ländliche Raum stellt unsere Bemühungen um Inklusion vor besondere Herausforderungen. Laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung soll ein gesamtdeutsches Fördersystem entstehen, um gegen die wachsende Ungleichheit in Städten und ländlichen Regionen vorzugehen und gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Im Mittelpunkt sollen dabei Maßnahmen stehen, welche der Daseinsvorsorge, der flächendeckenden Gesundheits- und Pflegeversorgung, Infrastruktur, Mobilitätskonzepte, Bildung und Kultur, Breitband- und Mobilfunkausbau dienen.“

Er erläuterte seine Funktion in der durch die Bundesregierung eingesetzten Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“: „Als Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen werde ich diesen Prozess kritisch beobachten und konstruktiv begleiten“, so Dusel. „Auch die Barrierefreiheit ist mir in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema. Bereits in meiner früheren Funktion als Landesbehindertenbeauftragter habe ich mich für die Barrierefreiheit im Land Brandenburg eingesetzt. Umso wichtiger ist es mir nun bei dem Prozess auf Bundesebene, dass Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht wird. Denn Barrieren behindern Menschen. Deshalb gilt es, sie zu verhindern und abzuschaffen. Denn Menschen mit Behinderungen haben die gleichen Rechte wie alle anderen Menschen auch.“

Jürgen Dusel betonte sowohl in der Gesprächsrunde als auch in seinem Vortrag die gemeinsame gesellschaftliche Anstrengung, damit Inklusion gelingt. Aufgabe der Politik sei es, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen: „Klar ist aber auch, dass Inklusion nicht etwas ist, das von oben angeordnet werden kann. Vielmehr handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die uns alle angeht. Die Aufgabe kann nur erfolgreich gelöst werden durch ein Zusammenwirken von Politik, Sozialleistungsträgern, professionellen Hilfeanbietern, Kommunen, Familien und nachbarschaftlichen Hilfen.“

Beim auf das Gespräch und einen Pressetermin folgenden Jahresempfang stellte der Projektchor der Stiftung einen umfangreichen Teil des Programms. 35 Sänger*innen, die von einer Band live begleitet wurden, trugen Auszüge aus dem Musical Martin-Luther–King vor. Der Bürgermeister von Lemgo Dr. Reiner Austermann hielt ein Grußwort, in dem er betonte, wie gern er Gast der Stiftung sei. Der Theologische Vorstand Pastor Dr. Bartolt Haase gab einen Überblick auf Schlaglichter der Stiftungsentwicklung wie die aktuellen Bauprojekte, den Umzug der Verwaltung in ein ehemaliges Wohnheim, das umfangreich saniert wurde, und Änderungen auf der Leitungsebene. Auch auf das Thema „10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention“ und den starken Impuls, den die Konvention auch für die Entwicklungen in Eben-Ezer gibt, ging er ein. „Der Impuls der UN-Konvention hin zu einer inklusiven Gesellschaft ist unverkennbar. Er ist nachhaltig und kraftvoll“, stellte er fest – allerdings mit Einschränkungen: „Trotzdem gibt es natürlich auch die andere Seite: auch 10 Jahre nach Verabschiedung der UN-Konvention sind wir von der selbstverständlichen und vollen Teilhabe an vielen Stellen der Gesellschaft noch weit entfernt.“

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